Die 4-Tage-Woche: Das ideale Arbeitsmodell?
KARRIERE TROTZ WENIGER ARBEIT – JOBSHARING MACHT’S MÖGLICH
EINFÜHRUNG
Die Zahlen sprechen für sich: Mit 44 Prozent und damit Platz 1 stehen flexible Arbeitszeiten ganz oben auf der Wunschliste an den idealen Arbeitgeber. Um im Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte an Attraktivität zu gewinnen, ist die Arbeitszeitenrevolution eine große Chance für Unternehmen. Bereits heute werden keine Kosten und Mühen gescheut, um auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu reagieren. Firmen wie Google, Microsoft oder Infineon machen es vor und bieten ihren Angestellten firmeneigene Fitnessstudios, kostenloses Essen oder die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Da der Wunsch nach einer ausgeglichenen Work-Life-Balance besonders die sogenannte Generation Y antreibt, fungiert die Umsetzung des revolutionären Arbeitsmodells zweifelsohne als Trumpfkarte für Unternehmen.
Eine für beide Seiten profitable Umsetzungsmöglichkeit für die 4-Tage-Woche ist das Modell des Jobsharings. Anders als bei Teilzeitstellen setzt sich hier eine volle Stelle aus zwei Mitarbeitern zusammen, die sich Aufgaben und Verantwortung selbstständig untereinander aufteilen. Der große Vorteil gegenüber der Teilzeitstelle: die Karriere bleibt nicht auf der Strecke. Jobsharing macht die Führungsposition mit dem Familienleben vereinbar. Der AVANTGARDE Experts Studie zufolge ein bedeutendes Kriterium für Arbeitnehmer.
WIN-WIN-SITUATION FÜR MITARBEITER UND CHEF
Im gleichen Zuge profitiert der Arbeitgeber von diesem Modell. Zwei Mitarbeiter für eine Stelle bedeutet doppelte Kompetenz, doppelte Kreativität und im Optimalfall die gegenseitige Ergänzung von Stärken und Schwächen. Im Notfall kann ein Partner den anderen ersetzen, ist dieser über alle Aufgaben und Projekte des Partners im Bilde. Längerfristige Ausfälle im Unternehmen können durch das Jobsharing besser aufgefangen werden. Das Berliner Start-Up Tandemploy hat das Modell zur Teilung des Arbeitsplatzes als Geschäftsidee für sich entdeckt. Nach dem Prinzip von Datingseiten bieten die beiden Gründerinnen potenziellen Jobsharern eine Plattform, um sich zu finden. Für ihre Idee wählte die BBC sie unter die 100 inspirierenden Frauen 2015.
DIE 4-TAGE-WOCHE ALS ERFOLGSKONZEPT FÜR UNTERNEHMEN UND ARBEITNEHMER
Während das Modell der verkürzten Arbeitswoche in Deutschland noch in den Kinderschuhen steckt, sind in skandinavischen Länder bereits einige Projekte gestartet. In Schweden hat man vor allem positive Erfahrungen mit der Einführung des 6-Stunden-Tages gemacht. Ob Altenheim, Autowerkstatt oder SEO-Start-Up, die Resonanzen sind überall gleich: mehr Motivation, mehr Effizienz und weniger Krankmeldungen unter den Angestellten. Letzteres ist ein nicht zu vernachlässigender Punkt, besonders in Deutschland. Denn die Zahl der Krankschreibungen kletterten laut DAK hier im ersten Halbjahr 2016 auf ein neues Rekordhoch.
Allein im vergangenen Jahr beliefen sich die Ausfallkosten der Arbeitgeber für die ersten 6 Wochen, der SVZ zufolge, auf rund 45 Milliarden Euro. Gesündere Mitarbeiter mit mehr Freizeit bedeuten demnach weniger Kosten für Unternehmen. Auch die wenigen Vorreiter der 4-Tage-Woche hierzulande ziehen eine erfreuliche Bilanz. So berichtet das Start-Up Bike Citizens von einer verbesserten internen Kommunikation und weniger Fluktuation dank zufriedeneren Mitarbeitern, seit das Wochenende schon am Donnerstagabend beginnt. Und die PR-Agentur Frische Fische freut sich über eine positive Kundenresonanz und mehr Kreativität bei der Arbeit.
IST DIE ARBEITSZEITENREVOLUTION FÜR ALLE UMSETZBAR?
Trotz aller Erfolgsberichte und schlagkräftigen Argumente, in der Praxis birgt der Tag weniger an Arbeit auch Nachteile. Für Dienstleister fallen Umsätze weg und Kundenanfragen bleiben bis Montag liegen. Je nach Umsetzung ist der finanzielle Aspekt auf Arbeitnehmerseite nicht unerheblich. Die 4-Tage-Woche und der damit einhergehende Verzicht auf ein Teil des Gehalts ist ein Privileg für Besserverdienende. Für den Familienvater, als Alleinverdiener oder den Berufseinsteiger wird das Modell nur schwer zu realisieren sein. Das Konzept des Jobsharings ist in Zeiten, in denen der Wunsch nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf groß ist, zweifelsohne zukunftsträchtig.
Die geteilte Verantwortung funktioniert allerdings nur, wenn die Kommunikation reibungslos läuft und die Partner echte Team-Player sind. Alles andere wirkt sich nachteilig auf Projekt und Betriebsklima aus. Ob 4-Tage-Woche, Home-Office oder freie Zeiteinteilung, entscheidend ist vor allem ein Umdenken in Unternehmen hin zu mehr Flexibilität und mehr Verständnis für die Wünsche der Arbeitnehmer.
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