Erfolgsfaktor Diversity Management: Definition, Ziele & wirksame Maßnahmen
Definition: Was ist Diversity Management?
Diversity Management bestimmt die Kultur Deines Unternehmens und bringt hinsichtlich Leistung und Performance entscheidende Vorteile. Mit politischer Korrektheit hat das wenig zu tun.
AVANTGARDE Experts: Herr Jablonski, was versteht man unter Diversity Management?
Hans W. Jablonski: Diversity Management ist ein Management Tool für Unternehmen, um bewusst mit Vielfalt umzugehen. Wertschöpfung durch Wertschätzung von Vielfalt ist dabei das Motto. Das Ganze beruht auf der Erkenntnis: Eine vielfältig zusammengesetzte Belegschaft hat entscheidende Vorteile für Unternehmen – allerdings nur dann, wenn Vielfalt entsprechende Wertschätzung erfährt.
AVANTGARDE Experts: Können Sie das ausführen?
Hans W. Jablonski: Beim Diversity Management geht es nicht um politische Korrektheit oder Minderheitenprogramme, sondern belegbare und erfolgversprechende Dimensionen für Unternehmen. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Vielfalt in der Belegschaft (die sogenannte Diversity) für Unternehmen und Organisationen generell vorteilhaft ist. Insbesondere geschlechtergemischte und interkulturell gemischte Teams erzielen bessere Ergebnisse und bringen nachhaltige Innovationen hervor.
AVANTGARDE Experts: Wie sind Unternehmen auf die Notwendigkeit von Diversity Management aufmerksam geworden?
Im Hinblick auf die demographische Veränderung in der Gesellschaft und die Globalisierung haben viele Unternehmen die Notwendigkeit und Chance erkannt und Diversity Management als festen Bestandteil der Geschäftsstrategie etabliert. Der Hintergrund für die Notwendigkeit zeigt sich in der zukünftigen demographischen Entwicklung der Erwerbsbevölkerung. In Deutschland – wie in vielen anderen Ländern auch – schrumpft die Erwerbsbevölkerung und das Durchschnittsalter steigt. Hinzu kommen Trends wie globale Wanderungen und die Individualisierung. Darauf müssen Unternehmen eingestellt sein.
AVANTGARDE Experts: Wie stark betreiben Unternehmen in Deutschland aktuell Diversity Management?
Hans W. Jablonski: Über 3.000 Unternehmen und Organisationen haben sich durch ihre Unterschrift zum Thema Vielfalt bekannt und zahlreiche Aktivitäten gestartet. In anderen Ländern Europas gibt es ähnliche Initiativen, die allerdings unterschiedlich erfolgreich sind.
Welche Dimensionen von Vielfalt besonders bedeutsam sind, beschreibt die Charta der Vielfalt: Die Kern-Dimensionen sind in dem inneren Kreis der Abbildung zu finden. Demnach handelt es sich dabei insbesondere um die folgenden Punkte:
- Alter
- Ethnie/Kultur
- Geschlecht oder geschlechtliche Identität
- Hautfarbe
- physische und psychische Fähigkeiten
- sexuelle Orientierung
Diese Dimensionen haben einen besonders starken Einfluss auf Vielfalt in Unternehmen und damit auch auf die Vorteile, die ein Unternehmen daraus ziehen kann.
Relevanz: Warum ist Diversity Management für Unternehmen wichtig?
Diversity Management ist ein entscheidender Erfolgsfaktor für Unternehmen, der sich nicht nur im Miteinander bemerkbar macht, sondern auch bessere Leistungen mit sich bringt.
AVANTGARDE Experts: Warum lohnt sich Diversity Management für Unternehmen?
Hans W. Jablonski: Die Vorteile des Diversity Managements, also eines nachhaltigen Managements der Vielfalt im Unternehmen, sind zahlreich. All das sind gute Gründe, warum sich Unternehmen für Vielfalt einsetzen:
- Vielfältige Talente reichern den Talent-Pool von Unternehmen an.
- Mit einer vielfältigen Belegschaft lässt sich eine ebensolche Kundschaft besser erreichen.
- Gemischte Belegschaften sind auf neuen Märkten erfolgreicher.
- Die Wahrscheinlichkeit für nachhaltige und erfolgreiche Innovationen ist in gemischten Teams höher.
- Unternehmen, deren Belegschaft durch Vielfalt gekennzeichnet ist, strahlen nach außen ein weltoffenes Image aus und sind ein attraktiver Geschäftspartner.
- Alle Talente werden erkannt und anerkannt: Das begünstigt eine hohe Motivation und Einsatzbereitschaft.
Aber auch für die Menschen im Unternehmen hat Diversity Management einen entscheidenden Vorteil: Denn die Kultur in Unternehmen wird von der Mischung und Wertschätzung ihrer Vielfalt bestimmt. Bei Einstellungsgesprächen wird immer häufiger im Sinne des Cultural Fits im Bewerbungsprozess die Frage gestellt, ob das Unternehmen ein erfolgreiches Diversity-Programm hat; Vielfalt kann somit zum entscheidenden Faktor bei der Wahl eines Arbeitgebers werden.
AVANTGARDE Experts: Gibt es bestimmte Vorurteile, auf die Sie zum Thema Diversity Management und Inklusion bei der Zusammenarbeit mit Unternehmen stoßen?
Hans W. Jablonski: In Unternehmen ist die Herausforderung der „unbewussten Voreingenommenheit“ (auch Unconscious Bias genannt) zunehmend ein Thema. Es geht darum, dass unterschiedlichen Menschen bestimmte Kompetenzen zu- oder abgesprochen werden, und das nur aufgrund der oben genannten Diversity-Dimensionen.
So berichten Frauen in Führungspositionen regelmäßig von unangenehmen Verwechslungen bei geschäftlichen Terminen: Treffen sie dort mit einem männlichen Mitarbeiter oder Assistenten ein, wird dieser häufig als Vorgesetzter identifiziert und angesprochen. In dieser Verwechslung zeigt sich, dass die Führungsrolle – mehr oder weniger unbewusst – eher dem Mann und weniger der Frau zugetraut wird. Solche Effekte sind auch bei den Dimensionen Alter und Hautfarbe nachgewiesen und führen dazu, dass nicht die besten Personen für Positionen eingesetzt werden, sondern diejenigen, die am kompetentesten erscheinen.
AVANTGARDE Experts: Wie reagieren Sie darauf, beziehungsweise was kann man dem entgegenhalten?
Hans W. Jablonski: Um diesem Problem entgegenzuwirken, ist es wichtig in Unternehmen das Bewusstsein für diesen Unconscious Bias zu schärfen:
- Dies geschieht zumeist durch Workshops und Schulungen. Vor allem bei der Auswahl von Personen in Bewerbungsprozessen sollten Entscheidungen auf objektiven Kriterien beruhen. Das heißt: Unbewusste Verzerrungen sollten minimiert oder gar verhindert werden.
- Ein festes Instrument sind aber auch sogenannte „blinde Bewerbungen“, bei denen die Bewerbung ohne ein Bild oder andere demographische Daten vorliegt und bewertet wird. Im angelsächsischen Raum sind diese Bewerbungen beispielsweise fest etabliert. Dadurch lenken die genannten Diversity-Dimensionen nicht von der eigentlichen Beurteilung ab. Unternehmen stellen so sicher, dass diejenigen Personen eingestellt oder befördert werden, die tatsächlich am besten geeigneten sind.
AVANTGARDE Experts: Inwiefern unterscheiden sich Unternehmen, die Diversity Management aktiv betreiben, von solchen, die es nicht tun?
Hans W. Jablonski: Heutzutage kann es sich kaum ein Unternehmen leisten, sich nicht mit dem Thema Vielfalt auseinanderzusetzen und Diversity Management zu betreiben. Das Risiko ist zu groß, sich die oben genannten Vorteile entgehen zu lassen, also dass zum Beispiel nicht genügend Bewerbungen zur Auswahl eingehen oder sich die Innovationsfähigkeit des Unternehmens verringert. Vorbildliche Unternehmen haben schon vor Jahren die Entwicklungen erkannt und erfolgreiche Diversity-Programme aufgesetzt.
Diversity Management im Unternehmen umsetzen: Maßnahmen & Tipps
Bei der Umsetzung von Diversity Management im Unternehmen gibt es verschiedene Maßnahmen, die es zu beachten gilt. Entscheidend dabei ist allerdings immer ein ganzheitlicher Ansatz.
AVANTGARDE Experts: Wie geht man am besten vor, wenn man Diversity Management im Unternehmen etablieren oder umsetzen möchte? Welche Maßnahmen sind entscheidend?
Hans W. Jablonski: Die beiden wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein gelungenes Diversity Management sind
- Bereitschaft und Commitment der Geschäftsleitung sowie
- die Ausrichtung des Diversity-Programms auf die Geschäftsstrategie.
Ist zum Beispiel die Geschäftsstrategie auf die Globalisierung des Geschäftes ausgerichtet, so kann das Diversity Management darin unterstützen, interkulturelle Talente für das Unternehmen zu gewinnen und eine offene und wertschätzende Unternehmenskultur zu etablieren. So können Unternehmen aktiv eine produktive, interkulturelle Zusammenarbeit sicherstellen.
Zentrales Element der Umsetzung von Diversity Management ist auch die Überprüfung der Personalprozesse, um den oben beschriebenen Unconscious Bias zu minimieren, und die Entwicklung der Führungskräftekompetenz im Umgang mit Vielfalt.
AVANTGARDE Experts: Ab welcher Unternehmensgröße ist Diversity Management sinnvoll?
Hans W. Jablonski: Diversity Management ist für Unternehmen aller Größen von Nutzen. Allerdings unterscheidet sich die Ausgestaltung und Umsetzung eines Management-Programms in großen und kleinen Unternehmen, wie es bei anderen Management-Programmen auch der Fall ist: Kleine Unternehmen sind zumeist flexibler und können sich im Rahmen des Employer Branding oder Talent Managements schnell auf unterschiedliche Personen und Communities einstellen. Große Unternehmen brauchen hier etwas länger, können sich dann aber in aller Breite strategisch gegenüber vielfältigen Talent Pools positionieren.
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AVANTGARDE Experts: Wer sind die verschiedenen Verantwortlichen in Unternehmen, welche die Maßnahmen umsetzen müssen?
Hans W. Jablonski: Das Thema Diversity geht alle Personen im Unternehmen an: Für eine erfolgreiche Umsetzung von Diversity fällt besonders den Führungskräften eine Schlüsselrolle als Vorbilder für einen wertschätzenden Umgang miteinander zu. Die Personalabteilung hat eine besondere Verantwortung in der Umsetzung von Diversity Management, da diese die meisten Personalprozesse verantwortet. So muss sichergestellt sein, dass sich im Rahmen des Employer Brandings die unterschiedlichsten Talente angesprochen fühlen und in der Talent-Pipeline verschiedenste Kandidaten mit besonderen Qualifikationen auf allen Leveln zu finden sind.
AVANTGARDE Experts: Wie lange dauert es Ihrer Einschätzung und Erfahrung nach, Diversity Management fest in einem Unternehmen zu etablieren?
Hans W. Jablonski: Diversity Management beschreibt einen Änderungsprozess, der einen kulturellen Wandel bewirkt und dieser braucht bekanntlich Zeit. Die Praxis zeigt, dass es für viele Unternehmen eine Herausforderung darstellt, die richtige Mischung von Talenten auf allen Ebenen des Unternehmens sicherzustellen:
- So haben sich trotz intensiver Bemühungen in Unternehmen die Zahlen von Männern und Frauen in Führungspositionen nicht stark verändert: Laut statista hat sich der Anteil von Frauen in den Top-200-Unternehmen innerhalb von zehn Jahren von 2,5% im Jahr 2008 auf 9% im Jahr 2018 erhöht.
- Auch die Zahl der nicht-deutschen Personen in den Aufsichtsräten und Geschäftsführungen der deutschen Unternehmen ändert sich laut dem Magazin Der Aufsichtsrat nur langsam.
Entscheidend ist zu verstehen, dass die Einführung und Umsetzung von Diversity Management kein Sprint, sondern ein Marathon ist. Alles in allem handelt es sich um einen langfristigen und nachhaltigen Prozess, dessen Maßnahmen dann aber entscheidend zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.
Wir bedanken uns herzlich bei Hans W. Jablonski für das spannende und aufschlussreiche Interview!
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Bildnachweis: Titelbild: © gettyimages/FlamingoImages, Bild 1: © Hans W. Jablonski (privat), Bild 2: © jbd business diversity, Bild 3: © gettyimages/Mikolette, Bild 4: © gettyimages/PeopleImages, Bild 5: © gettyimages/Tinnakorn Jorruang.