Was ist die Scrum-Methode?
Scrum-Modell: So funktioniert es
Modernes Projektmanagement ohne Scrum? Kaum denkbar. Doch was bedeutet eigentlich Scrum? Der Begriff stammt aus dem Rugby und lässt sich mit „dichtem Gedränge“ übersetzen, das entsteht, wenn Teams um den Ball kämpfen. Der Name für die Methode, die eigentlich aus der Software-Entwicklung stammt, wurde nicht zufällig gewählt. Denn auch im Scrum-Prozess werden Teams gebildet, deren Ziel die Produktentwicklung ist
Scrum und agiles Projektmanagement
Bevor wir mit Scrum in den Arbeitsprozess einsteigen, lohnt es sich, einen Blick auf die offizielle Definition zu werfen, die 2001 von Ken Schwaber und Jeff Sutherland in ihrem Scrum Guide herausgebracht wurde:
„Scrum (n): Ein Rahmenwerk, innerhalb dessen Menschen komplexe adaptive Aufgabenstellungen angehen können und durch das sie in die Lage versetzt werden, produktiv und kreativ Produkte mit dem höchstmöglichen Wert auszuliefern.
Scrum ist:
- Leichtgewichtig
- Einfach zu verstehen
- Schwierig zu meistern“ (Scrum Guide)
Zwar lassen sich die Anfänge von Scrum auf Ikujirō Nonaka und Hirotaka Takeuchi, bedeutende japanische Mitbegründer des modernen Wissensmanagements, zurückführen. Doch an Kontur gewann Scrum erst durch die Softwareentwickler Jeff Sutherland und Ken Schwaber, der 1995 auf der OOPSLA – der jährlich stattfindenden wissenschaftlichen Konferenz der Association for Computing Machinery – einen ersten Vortrag über die Methode hielt.
Der Gedanke hinter Scrum ist, dass modernes Projektmanagement nur in der Gruppe gelingen kann – ganz wie bei einem Rugby-Spiel. Dabei bietet Scrum wenig Regeln. Dieser Ansatz geht nicht zuletzt auf die „Lean-Welle“ in der Wirtschaft Ende der 1980er Jahre zurück: Bürokratie sollte abgebaut, Prozesse vereinfacht und Agilität ermöglicht werden.
Agil = erfolgreich?
Sind Unternehmen, die agil arbeiten erfolgreicher? Laut dem Agile Performer Index von 2017, für dessen Erhebung 285 europäische Unternehmen befragt wurden, lautet die Antwort darauf ja. Die agilsten Unternehmen sind im Zehn-Jahres-Vergleich 2,7 Mal erfolgreicher als ihre Wettbewerber.
Scrum in Aktion
Damit Du die Scrum-Methode für Dein Projektmanagement einsetzten kannst, musst Du erst einmal verstehen, wie sie abläuft. Wir zeigen Dir, wie der Prozess funktioniert.
Rollen
Zu Beginn eines Scrum-Prozesses müssen die Rollen festgelegt werden. Alle Teilnehmer lassen sich in eine der folgenden drei Kategorien einordnen.
Scrum Master
Ein Scrum-Team hat keinen klassischen Projektmanager, sondern einen Scrum Master. Nimmst Du diese Rolle an, dann fungierst Du als Moderator und Vermittler. Der Scrum Master sorgt dafür, dass die Kommunikation zwischen den einzelnen Rollen funktioniert und hat immer ein Auge darauf, dass der Prozess weiterläuft.
Product Owner
In der Rolle des Product Owner finden sich der Auftraggeber und die Nutzer des Produktes wieder.
Team
Das Team in einem Scrum-Prozess besteht in der Regel aus drei bis maximal neun Mitgliedern. Es sollte interdisziplinar aufgebaut sein. Innerhalb eines Teams gibt es keine Hierarchien und keine Leitung, diese Aufgaben übernimmt der Scrum Master.
Scrum-Prozess
Am Anfang des Prozesses muss eine Idee oder eine Vision für ein Produkt bestehen. Der Product Owner gibt die Erarbeitung dieses Produkts in Auftrag und der Scrum-Prozess kann starten. Die Laufzeit des Projekts wird in Sprints eingeteilt, die in der Regel maximal vier Wochen umfassen. Innerhalb dieser Sprints werden unterschiedliche Meetings festgelegt, die Zeitbeschränkungen haben (sogenannte Time Boxes). Ein Scrum-Prozess lässt sich in fünf aufeinander aufbauende Schritte unterteilen:
- Product Backlog
Im Product Backlog werden die Anforderungen an das Produkt festgehalten. Der Product Backlog wird vom Product Owner regelmäßig geupdatet. - Sprint Planning
Beim Sprint Planning geht es um die Planung des Sprints. Es werden Tasks erstellt. Als Grundlage dazu dient der Product Backlog, der vom Product Owner vorgestellt wird. Sollte das Team weitere wichtige Anforderungen festlegen, wird der Product Backlog angepasst. - Daily Scrum
Der Arbeitstag beginnt für jedes Teammitglied mit dem Daily Scrum, einem kurzen Meeting, das in der Regel maximal 15 Minuten dauert. Innerhalb des Daily Scrum gibt jedes Teammitglied Auskunft über seinen oder ihren aktuellen Stand und die Aufgaben für die nächsten 24 Stunden werden geplant. Der Daily Scrum soll dem Austausch von Informationen dienen. Sollten Probleme auftauchen, werden sie an den Scrum Master weitergeleitet. - Sprint Review
Ist ein Sprint abgeschlossen, wird das Produkt dem Product Owner und den Stakeholdern vorgestellt. Mit ihrem Feedback wird dann das Product Backlog aktualisiert und es kann ein neuer Sprint starten, sollte das Ergebnis noch verfeinert werden. - Sprint Retrospective
Am Ende jedes Sprints treffen sich das Team und der Scrum Master zu einem Sprint-Retrospective-Meeting, in dem analysiert wird, wie die bisherigen Sprints abgelaufen sind. Ziel ist es Feedback einzuholen und Ideen zu sammeln, wie sich zukünftige Sprints verbessern lassen.
Ziel des Scrum-Prozesses ist nicht, dass nach einem ersten Sprint ein funktionsfähiges Produkt vorliegt. Dabei ist der Scrum-Prozess meist nicht mit einem Sprint abgeschlossen, sondern das Produkt wird in mehreren aufeinander folgenden Sprints verfeinert.
Sprint Backlog
Neben dem Product Backlog zählen auch das Sprint Backlog mit dem Projektstand zu einem wichtigen Dokument im Scrum-Prozess. Basierend auf dem Product Backlog werden für einen Sprint Aufgaben festgelegt, die jedes Teammitglied erfüllen muss. Diese Aufgaben, auch Tickets genannt, werden im Sprint Backlog festgehalten.
Alternativen zu Scrum
Die Scrum-Methode hat schon einige Jahre auf dem Buckel und ist damit natürlich nicht die einzige agile Arbeitsmethode. Neben Scrum haben sich auch noch andere Lean-Development-Tools und agile Prozesse entwickelt, die wir hier nur kurz anreißen werden.
- Design Thinking: Im Mittelpunkt von Design Thinking stehen interdisziplinäre Teams, die nach dem 5-Phasen-Modell Ideen für die Produktentwicklung finden sollen. Mehr Informationen zum Ablauf und den Vor- sowie Nachteilen bietet unser Artikel zu Design Thinking.
- Design Sprint: Scrum dauert zu lange? Hier setzt der Design Sprint an. Ziel ist es, dass innerhalb von fünf Tagen ein bestehendes Produkt verbessert oder entwickelt wird. Auf Brainstorming soll dabei gänzlich verzichtet werden. Mehr zum Design Sprint findest Du auch hier.
- Kanban: Kanban ist eine agile Projektmanagement-Methode, die im Vergleich zu Scrum etwas flexibler gestaltet ist. Ziel ist es, dass ein stetiger Arbeitsfluss entsteht. In Kanban arbeiten Teams mit dem sogenannten Kanban-Board. Im Gegensatz zu Scrum wird Kanban eher dazu eingesetzt, den aktuellen Prozess zu visualisieren, aber nicht, um ihn nach Abschluss stetig zu verändern.
Scrum: Beliebt in Deutschland
Agile Methoden zum Projektmanagement werden auch in Deutschland beliebter. Rund 50 Prozent der Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitern setzten im Projektmanagement auf agiles Arbeiten. Im Vergleich der agilen Methoden ist Scrum die beliebteste. Aus einer Studie von Bitkom Research geht hervor, dass über alle Branchen hinweg 79 Prozent der deutschen Unternehmen, die agil arbeiten, die Scrum-Methode einsetzen.
Scrum: Vorteile und Nachteile
Scrum ermöglicht agiles Projektmanagement, das idealerweise die Produktentwicklung verbessert. Klingt doch alles super, oder? Nicht ganz, denn auch die Scrum-Methode bietet neben ihren Vorteilen einige Nachteile.
Vorteile
Agilität, flache Hierarchien und Mitarbeiter-Motivation – die Scrum-Methode bietet einige Vorteile für Dein Projektmanagement.
Lässt sich leicht einführen
Wie schon von Ken Schwaber und Jeff Sutherland beschrieben, ist die Scrum-Methode leicht zu verstehen und damit auch leicht einzuführen. Außer den Sprints existieren kaum Regeln, wenn es um die Arbeitsweise des einzelnen Teammitglieds geht.
Führung wird entlastet
Statt eines Projektmanagers gibt es einen Scrum Master, der jedoch ebenfalls keine Entscheidungen von oben trifft, sondern in den Dialog tritt. Die Scrum-Teams arbeiten selbstständig und es fallen zeitfressende Kontrollen weg.
Motivation für das Team
Flache Hierarchien innerhalb eines Teams und das Gefühl, dass die eigene Expertise gefragt ist – der Einsatz von Scrum kann Mitarbeiter stärker motivieren als klassische Projektarbeit. Denn durch die Arbeit im kleinen Team ohne „Chef“ steigt die Identifikation mit dem Projekt.
Transparenz
Durch regelmäßige Meetings ist eine hohe Transparenz garantiert. So werden nicht erst gegen Ende der Projektarbeit etwaige Probleme gesehen.
Kurze Kommunikationswege
Die Mitglieder eines Sprints sind überschaubar und der Sprint Master ist die zentrale Ansprechperson. Durch diese kurzen Kommunikationswege kann auch schneller gehandelt werden.
Nachteile
Scrum bietet nicht nur Vorteile, besonders dann, wenn die unternehmensinterne Umstellung auf die agile Methode schwerfällt.
Starre Planung
Zwar handelt es sich bei der Scrum-Methode um einen agilen Arbeitsprozess, dennoch kann der Ablauf der Sprints auch zu starr sein. Denn große Änderungen sind erst nach dem Ablauf eines Sprints und damit in einem neuen Sprint möglich.
Nicht mit allen Unternehmensstrukturen vereinbar
Ist ein Unternehmen sehr klar hierarchisch aufgebaut und es herrscht kein kooperativer Führungsstil, kann es schwer werden die Scrum-Methode zu etablieren. Auch kann die Einführung von Scrum dazu führen, dass aufgrund fehlender Zuständigkeiten Verunsicherung auftaucht. Hier muss vorher genau geprüft werden, wo das agile Arbeiten mit der bestehenden Struktur vereinbar ist und wie die Struktur verändert werden muss.
Schlechte Planbarkeit: Kosten und Zeitumfang
Ein Sprint und schon hast Du das perfekte Produkt in den Händen? So funktioniert es leider nicht. Auch kann zu Beginn eines Scrum-Prozesses nicht festgelegt werden, wie viele Sprints nötig sein werden. Eine genaue Planung des Kosten- und Zeitumfangs ist deshalb kaum möglich.
Viele Meetings
Zwar sollen die Daily-Scrum-Meetings auf maximal 15 Minuten beschränkt werden. Dennoch besteht beim Scrum-Prozess die Gefahr der ausufernden Meetings, besonders bei der Sprint Review und der Sprint Retrospective.
Gefahr von Tunnelblick
Mehrere Sprints, ein Produkt, ein Team – der Scrum-Prozess kann dazu führen, dass die Teammitglieder einen Tunnelblick entwickeln. Das gilt besonders, wenn sehr viele Sprints nötig sind und das Team eher klein ist. Hier kann nach einiger Zeit der Blick von außen fehlen.
Eignet sich Scrum für mich und mein Team?
Zwar bietet Scrum einige Vorteile, aber gleichzeitig auch Nachteile. Ob die agile Arbeitsmethode jedoch zu Dir und Deinem Team passt, musst Du individuell herausfinden. Folgende Punkte müssen aber grundsätzlich gegeben sein, damit Du Scrum erfolgreich umsetzen kannst:
- Das Unternehmen muss offen für Änderungen sein – flache Hierarchien statt Top-down und autoritäre Führung.
- Leitest Du ein Team, musst Du bereit sein, Kontrolle abzugeben.
- Die Kommunikation muss offen möglich sein.
- Zeit und Kosten müssen großzügig eingeplant werden – will ein Kunde schnelle Ergebnisse, ist Scrum nicht das richtige Modell.
Wo Scrum Nachteile aufweist, bieten eventuell andere agile Methoden Vorteile. Hier kann es sich auch lohnen Hybrid-Methoden zu wählen. So gibt es zum Beispiel Scrumban, wo die starren Sprints in Scrum durch das Work-in-Progress-Limit von Kanban ersetzt werden.
Wichtig ist jedoch, dass Du und Dein Team erst einmal eine agile Methode erlernt. Dazu gibt es zum Beispiel bei Scrum eine Vielzahl an Onlinekursen oder Schulungen. Auf scrum-events.de findest Du eine Übersicht über deutschlandweite Schulungsangebote und Zertifizierungskurse. Wenn Du tiefer in Scrum einsteigen möchtest, lohnt sich auch ein Besuch des jährlich stattfindenden Scrum Day, einer der größten Community-Konferenzen zum Thema „Scrum & Agilität“ in Stuttgart.
Aus dem jeweiligen Lernprozess kannst Du dann Änderungen vornehmen und Scrum oder andere agile Arbeitsweisen individuell anpassen.
Werde Scrum-Meister
Du befindest Dich noch ganz am Anfang Deiner Umstellung auf agiles Arbeiten? Dann helfen Dir auch unsere Artikel zu New Work und Design Thinking weiter. Du würdest gerne mit Scrum arbeiten oder andere agile Methoden als Projektmanager umsetzen, Dein Unternehmen kann das jedoch nicht anbieten? Dann schau auch einmal auf unserer Jobbörse und bei den Jobs speziell für Projektmanager vorbei. Vielleicht findest Du hier Deinen agilen Traumjob im Projektmanagement.
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